Günter Heimbuchner, Leiter Logistik und technischer Einkauf bei der Firma Spitz GmbH im Interview, 04.10.2019
Herr Günter Heimbuchner hat seine Karriere 1986 als Industriekaufmann bei der Firma Spitz gestartet. Große Eigenmotivation und Vorgesetzte als Mentoren waren die Triebfeder für seinen Erfolg bei der Spitz GmbH. Seinen eigenen Horizont durch neue Aspekte, Weiterbildung laufend zu erweitern und dabei auf ein gutes Netzwerk aufbauen zu können werden als mögliche Erfolgsfaktoren ebenso erwähnt.
Wie sehen Sie das Thema „Digitalisierung in der Supply Chain“ im Allgemeinen?
Günter Heimbuchner: Ein kritischer Erfolgsfaktor der Digitalisierung ist es, dass jederzeit alle Mitarbeiter im Haus auf den identen Informationsstand zurückgreifen können. Wichtig dabei ist, dass die Informationen die von unseren Kunden zur Verfügung gestellt werden, zeitgleich an den Lieferanten weitergegeben werden. Es darf keine Pufferfunktion der Informationen bei uns im Haus stattfinden.
Wie stellen Sie sicher, dass der Lieferant Ihre Informationen weiterverarbeiten kann?
Günter Heimbuchner: Wir haben mit GS 1 ein Projekt initialisiert wie wir mit Lieferanten elektronisch kommunizieren können. Das alle Daten ab dem Zeitpunkt der Bestellung elektronisch bei den Lieferanten eingepflegt werden ohne dabei mit Auftragsbestätigungen, Lieferscheinen etc. arbeiten zu müssen. In diesem Zusammenhang wäre es für uns als Produzent wichtig, dass wir von unseren Kunden Prognosedaten erhalten würden, die wir an unsere Lieferanten weitergeben könnten. Das würde die Planung wesentlich zielgerichteter und effizienter für uns gestalten.
In diesem Zusammenhang muss klar sein, wenn ich Informationen zur Verfügung gestellt bekomme, dann müssen diese zielgerichtet verarbeitet werden. Die Informationen müssen für meinen Arbeitsprozess einen Mehrwert leisten. Ziel muss es sein, dass jene Informationen, die ich beispielsweise von meinen Kunden erhalte vollautomatisch durch das System geroutet werden. Auf die Praxis umgelegt würde das bedeuten kein Key Accounter Manager würde mehr eine Planung manuell machen.
Die Praxis hat uns leider gezeigt, dass wenig Lieferanten digitalisiert sind. Ein simples Beispiel hierzu: Den EAN 128 gibt es schon ewig, die Lieferanten können diesen drucken. Allerdings wissen viele nicht welche Art von Informationen sich dahinter verbergen. Faktum ist es werden Schlagwörter wie Einkauf 4.0, Beschaffung 4.0, Industrie 4.0 verwendet ohne zu wissen was damit verbunden ist.
Wir sind einem großen Spannungsfeld ausgesetzt. Zum einen bekommen wir von unseren Kunden den großen Handelskonzernen alles elektronisch aber die Kommunikation von der Industrie zu unseren Lieferanten läuft über weite Strecken manuell. Wir arbeiten stetig daran, unsere Lieferanten sukzessive elektronisch anzubinden.
In diesem Zusammenhang möchte ich einen kurzen Exkurs zu einem unserer Projekte mit der Institution GS 1 ansprechen. Im Zuge dieses Projektes wurden uns der „Living Award“ verliehen. Erklärtes Projektziel war es Standards für die Beschaffung von Verpackungs- und Rohmaterial zu entwickeln. Nunmehr sind sämtliche Prozesse entlang der Wertschöpfungskette wesentlich transparenter, effizienter und dynamischer geworden. Wir versuchen standardisiert zu arbeiten. Standards geben uns einen Vorteil und erleichtern uns unser Leben speziell in der Zusammenarbeit mit Schnittstellen betont Herrn Heimbuchner.
Welche Prozesse wurden bei der Firma Spitz bereits der digitalen Transformation unterzogen?
Günter Heimbuchner: Ein aktuelles Projekt an dem wir arbeiten ist die Digitalisierung im indirekten Einkauf. Wir bewegen ein Investitionsvolumen im zweistelligen Millionenbereich. Unser Ziel ist es hier die Prozesse ebenso zu automatisieren und transparent zu gestalten.
Was waren/sind die messbaren Outputs aus der Umstellung?
Günter Heimbuchner: In diesem Zusammenhang fällt mir spontan der vollautomatisierte Nachschub für die Produktion bei der SAP Einführung ein. Lassen Sie mich das näher ausführen. Die Materialien für die Produktion müssen nicht bestellt werden, sondern erscheinen vollautomatisiert bei der jeweiligen Maschine. Vergleichbar mit einem elektronischen Kanban. Aufgrund des Produktionsplanes ist bekannt was, wann benötigt wird. Dem Mitarbeiter wird nur jenes Material zur Verfügung gestellt, welches tatsächlich für die Produktion notwendig ist. Wir konnten somit den Materialfluss glätte. Das war für uns in der Produktion ein Meilenstein.
Worin bestanden die größten Hürden/Herausforderungen?
Günter Heimbuchner: Die größten Herausforderungen externer Natur sind die Lieferanten zu motivieren Dinge zu ändern. Intern sind wir mit dem Thema konfrontiert Mitarbeiter an neue Prozesse zu gewöhnen und erlernte Gewohnheiten abzustellen. Vertrauen in Systeme zu schaffen und damit umgehen zu lernen freigewordene Ressourcen für neue innovative Konzepte einzusetzen.
War der Treiber für die Digitalisierung der Kunde oder war es Eigenmotivation?
Wir sind ein modernes, traditionsreiches Familienunternehmen, dieser Spirit wird von Generation zu Generation weitergegeben. Unsere Unternehmenskultur lässt hohen Spielraum für eine Kultur, Dinge zu ändern und besser zu machen. Oftmals werden Themen von außen an uns herangetragen oder es werden Themen über Medien aufgegriffen. Ich persönlich versuche mich, nicht an der Lebensmittelbranche zu orientieren. Es gibt viele Interessante Branchen mit sehr guten Innovationen. So bin ich beispielweise auf unser fahrerloses Transportsystem gestoßen. Ich war bei Lufthansa und habe es dort im Livebetrieb gesehen. Die Flugzeugbranche hat mit der Lebensmittelindustrie nicht viele Gemeinsamkeiten.
Herzlichen Dank für das Interview, 04.10.2019
Margot Elwischger